Das Thema Tod und alles, was damit zu tun hat, wird in der westlich geprägten Welt ja meist verdrängt, mit Trauer, Abschied und schlechter Stimmung verbunden oder als Thema sogar tabuisiert, also quasi totgeschwiegen. Hier setzt der Kabarettist „Der Tod“, der 2013 bei den Berliner Wühlmäusen zum Newcomer des Jahres gekürt wurde, an und betreibt mit seinem Solo-Programm eine Image-Kampagne gegen den schlechten Ruf des Todes.
Damit ist er äußerst erfolgreich unterwegs, denn viele Termine sind ausverkauft und auch der Termin am 18. März 2015 im Pavillon Hannover sollte ursprünglich im kleinen Saal stattfinden, musste dann aber wegen des Andrangs in den großen Saal verlegt werden. Das Publikum war eine bunte Mischung aller Altersgruppen und konnte die Nahtoderfahrung kaum erwarten. Doch bevor der Tod sich blicken ließ, wurden die Gäste zur Begrüßung erst einmal über kommende Highlights im Programm des Pavillon Hannover informiert, bevor der Opening Act des Todes vorgestellt wurde – Das blühende Leben. Rein optisch hätte sich das blühende Leben nicht noch mehr vom Schwarzkuttenträger unterscheiden können – kitschig bunt mit giftgrüner Grundfarbe sorgte es für Augenschmerzen. Das Programm des blühenden Lebens, für welches er exakt zehn Minuten Zeit hatte, war ebenfalls bewusst auf kitschig und „Zwangsstimmung“ getrimmt. Der Tod hatte dafür gesorgt, dass das blühende Leben die Zeit nicht überschreitet, indem er ihm eine Sanduhr mit auf die Bühne gegeben hatte, die die Zuschauer stets im Blick hatten.
Nachdem die Zeit des Lebens abgelaufen war, dauerte es nicht mehr lang, bevor der Tod die Bühne betrat. Im Kontrast zu seinem bedrohlichen Äußeren sprach er mit hoher Stimme und erzählte dem Publikum aus seinem Alltag, las aus seinem Tagebuch vor und berichtete von seiner ersten Reise im Flugzeug. All dies natürlich begleitet von einem Feuerwerk an Wortwitzen rund ums Thema und auch politische Seitenhiebe fehlten nicht. Unterstützt wurde der Tod von seiner rechten Hand Mauzi und seiner Assistentin, der Exitussi. Die Vielzahl an Highlights zu verraten, würde spoilern, darum sei jedem, der es noch nicht getan hat, dringendst empfohlen, einmal beim Tod vorbeizuschauen, wenn er in der Nähe auftritt. Nur soviel sei gesagt: Wenn der Tod so nebenbei seine „Sense-to-go“ zusammenbaut, eine immer aktualisierte Dia-Show aus seinem Leben (unter anderem mit zahlreichen interessanten echten Verkehrsschildern, die zu Friedhöfen führen) zeigt, mit zwei Kandidaten aus dem Publikum eine Quiz-Show spielt, oder den Gästen ein Bund Radieschen zeigt, um ihnen zu demonstrieren, dass es gar nicht so schlimm ist, sich diese von unten anzuschauen, gibt das nicht annähernd den Witz seines Auftrittes wieder.
Das hinter all dem Humor ein ernstes Anliegen steckt, wurde ebenfalls deutlich. Zum einen hat der Tod einen Spendenschädel am Merchandising-Stand, in dem er Spenden sammelt, die jeden Monat einer anderen gemeinnützigen Organisation (Z. B. Kinder-Hospize, Sterbebegleitung, etc.), die mit dem Tod in enger Verbindung steht, gespendet werden, nachdem der Tod höchstpersönlich die Spende um 500,- € aufgestockt hat. Zum anderen berichtete er davon, dass er auch immer häufiger in Einrichtungen auftritt, in denen sterbenskranke Menschen leben und dass diese sich freuen, endlich mal wieder richtig lachen zu können, da die Besuche von Freunden & Verwandten zumeist eher mit Trauer und düsterer Stimmung verknüpft sind, was eher kontraproduktiv ist. Denn die Menschen wissen, dass sie sterben, sie müssen das nicht immer wieder vom Verhalten ihrer Umgebung bestätigt bekommen, sondern möchten ihre letzten Tage, Wochen oder Monate auch noch mit etwas Spaß und Humor erleben.
Schon allein dafür, ein Umdenken in unserer Gesellschaft anzustoßen, was den Umgang mit Sterben und Tod angeht, hat der Kabarettist, der unter der Kutte des Todes steckt, Respekt verdient. Dass er dies auch noch auf unvergleichlich pointiert-humoristische Art hinbekommt, sich innerhalb kürzester Zeit ein großes und treues Publikum erspielt hat, macht den Tod zur absoluten Ausnahmeerscheinung im Kabarett. Bleibt zu hoffen, dass er mit seiner Image-Kampagne lange erfolgreich sein wird und man sich auch bald wieder in Hannover auf eine Begegnung mit dem Tod freuen kann.
Text & Fotos: Steve Palaser
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