Nuancenreiches Litauen präsentiert sich auf der Leipziger Buchmesse 2017

Das Buch, das Lesen ist ein Mysterium. Das empfand Margaret Mahy, neuseeländische Schriftstellerin und Gewinnerin des Hans-Christian-Anders-Preises: „Wir leben in einer Welt gefüllt mit Büchern. Es ist Teil der Reise des Lesers, sie zu durchsuchen, sie zu lesen, und dann sie wieder zu lesen. Es ist Teil des Abenteuers des Lesers, in dem wilden Dschungel des Drucks einige Geschichten zu finden, die hervorspringen wie ein Zauberer… einige Geschichten sind so spannend und mysteriös, dass der Leser durch sie verändert wird.“

Litauen ist auch gefüllt mit Büchern. Das baltische Land ist das diesjährige Gastland auf der Leipziger Buchmesse 2017, die vom 23. bis zum 26. März geht. Mehr als 4000 neue Titel werden in Litauen jedes Jahr durch rund 300 Buchverlage publiziert.  70.000 Besucher kommen zu der regelmäßig in Vilnius im Februar stattfindenden Buchmesse, die vier Tage dauert. Nach 1997 und 2002 ist das baltische Land Litauen das dritte Mal Gastland auf einer deutschen Buchmesse. 26 deutschsprachige Neuerscheinungen litauischer Bücher wurden diesmal von 15 deutschen sowie österreichischen Verlagen herausgegeben. Zu den in Leipzig präsentierten gehört Antanas A. Jonynas, ein bekannter Altmeister der litauischen Lyrik, der mit folgenden Versen den litauischen Stand des Gastlandes eröffnete:

„Kovas, laukimo medis/
aptirpusios šakos/
su sprogstančiais žvirbliais/
Alpių blyškiuose šlaituose išpaišytuos pavasario grafiti/
ir žiemos nekantra/ delnu bilsnojanti stalo peizažą“. 
 
 
„März. der baum der guten hoffnung/
die zweige abgeschmolzen/
und die spatzen knospen/
an fahlen alpenwände/
eingesprüht mit lenzgraffiti/
und der ungeduld des winters/
fingertrommelnd auf der ebene des tisches“.

 

Das Gastland, das im Zentrum Europas liegt, aber immer noch im Westen unbekannt ist. Das wollen mehr als 100 litauische Autoren mit 60 Veranstaltungen, die neben Literatur auch Musik, Fotografie und visual arts bieten, auf dem Leipziger Messegelände sowie in der Stadt, bei „Leipzig liest“, nun ändern. Das kulturelle Programm eröffnet der Komponist und Künstler Arturas Bumšteinas mit der Orgel-Safari. Die klassische Literatur vom 18. Jahrhundert an bis zur Gegenwart Litauens steht im Vordergrund. Dabei soll auch ein Akzent auf die 100-jährige Unabhängigkeit Litauens gelegt werden, die am 16. Februar 2018 gefeiert wird.  „Damit soll dem Besucher verdeutlicht werden, dass Litauen ein noch relativ junger Staat ist“, betont Aušrinė Žilinskienė, Direktorin des Litauischen Kulturinstituts.

Aušrinė Žilinskienė (Direktorin des Litauischen Kulturinstituts)

Dieser Staat hat eine wechselvolle und spannungsvolle Geschichte hinter sich. Der Ostsee-Anrainer mit knapp 3 Millionen Einwohnern zählt zu den ruhelosesten Staaten Europas. Eine der Großmächte Europas im Mittelalter und seit 1795 unter russischer Oberhoheit, erlangte Litauen 1918 wieder seine Unabhängigkeit. Dies wird gerade im Zusammenhang mit der Buchmesse doppelt gefeiert: Nicht nur an die politische Unabhängigkeit, sondern auch an die Unabhängigkeit des gedruckten litauischen Wortes soll erinnert werden. Das wurde zwischen 1864 und 1904 durch die kyrillische Schrift ersetzt. Dadurch entstand ein reger Schmuggel von litauischen Zeitungen, Zeitschriften und Büchern aus Druckereien des benachbarten Ostpreußens. „Was für ein Glück die Wiedereinführung der litauischen Sprache für die einheimische Bevölkerung damals bedeutete“, erklärt Žilinskienė, die ihre Muttersprache bewundert. Ihr reicht ein einzelner Buchstabe – das litauische „ė“. „Dieser Buchstabe allein schon drückt das Nuancenreichtum der litauischen Sprache aus mit einer Vielzahl an lautlichen Entsprechungen.“

Foto: ©  Frank Mandrella 2016

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Frank Mandrella

Über Frank Mandrella

Über Frank Frank Mandrella ist Freier Journalist & & Illustrator. Mehr Info unter dem Button "Unser Team" oder bei Google & den Social Media

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