Welle: Erdball CD-Rezension „Gaudeamus Igitur“

Welle: Erdball „Gaudeamus Igitur“ (Oblivion/SPV)

Nach der kongenialen Hommage an Kraftwerk, welches ihr letztes Album „Tanzmusik für Roboter“ (2014) war, legen Welle: Erdball nun „Gaudeamus Igitur“ vor. Dabei handelt es sich zwar „nur“ um eine EP, wer Welle: Erdball kennt, weiß aber, dass die Unterschiede zu einem vollwertigen Album bei Welle: Erdball gering sind. So ist es auch dieses Mal. 10 Stücke enthält die EP, plus einem verstecktem Song und an Goodies in der Verpackung hat man mit Sticker und Booklet auch nicht gespart. Während die letzten beiden Stücke nur Remix-Versionen sind, sind die anderen 8 Songs komplett neu und jeder einzelne hat etwas Besonderes.

Der Opener „Vespa 50N Special“ ist analog zum Welle: Erdball-Klassiker „VW Käfer“ sowohl eine Hommage an das kultige Motorrad als auch an die klassischen Schlager der 60er, bei dem das Lebensgefühl der frühen Bundesrepublik wieder aufkommt. Schön ironisch, aber eingängig und mit mehr als einem Kern Wahrheit, wie man es von Welle: Erdball gewohnt ist. Mit dem Titelsong „Gaudeamus Igitur“ nimmt die Band sich dem wohl berühmtesten Studentenlied der Welt an, deren Textspuren bis ins Mittelalter zurückzuverfolgen sind. Zu Deutsch „Lasst uns also fröhlich sein!“ gibt es unzählige Versionen von dem Stück in unzähligen Sprachen. Die Welle: Erdball-Fassung kommt in Form einer orchestralen Electro-Hymne daher, bei der sich die Band aber an den lateinischen Text gehalten hat. Hat etwas glorreiches, von daher auch nicht verwunderlich, dass das Stück auf der aktuellen Tour als Intro verwendet wird.

Mit „20.000 Meilen unter dem Meer“ begeben wir uns in die Welt des Jules Verne. Das Stück lebt überwiegend vom Frauengesang und der eingängigen Melodie. Mein persönlicher Favorit auf der EP ist jedoch „Die letzte Chance zu leben“, die Welle: Erdball Version eines Schlagers von 1965. Textmäßig und musikalisch sehr eingängig, kommt das gewünschte Flair der 60er absolut auf, erhält aber eben auch die besondere Welle: Erdball-Note, die es irgendwie Retro-Modern macht. Mit „L’inconnue de la Seine“ dürfen die Mädels wieder einmal ihr Gesangstalent auf Französisch unter Beweis stellen und der Song um die „Unbekannte aus der Seine“, welche um 1900 aus der Seine geborgen wurde, deren Totenmaske viele Künstlerwohnungen zierte und die viele literarische Werke inspirierte, ist ein klassischer Chanson im Welle: Erdball-Stil. Ebenfalls sehr eingängig und lädt zum Nachdenken ein. Weiter geht es mit „Nur mit mir allein“ und „Polyarmorie“, die beide ebenfalls sowohl textlich als auch musikalisch typisch für Welle: Erdball sind und es auch nicht an Eingängigkeit vermissen lassen.

Mit „Stirb mir nicht weg“ hat es auch der Song, den Honey im Juli 2016 gemeinsam mit den Fans auf dem Rhein beim Amphi-Festival auf dem C-64 kreierte, auf die CD geschafft. Inhaltlich befasst sich das Stück mit dem Wegsterben unserer ganzen Kindheitsidole, von denen Honey zu Beginn des Stücks auch einige auflistet, und der Tatsache, dass wir diese Leute irgendwie immer für unsterblich halten. Nicht nur wegen der Thematik und der C-64-Musik mein zweiter persönlicher Favorit auf der EP. Am Ende der EP stehen die beiden Remixe, zunächst von „1000 Engel“, der hier im „Tax-5 Remix“ vorliegt und für mich unter die Rubrik „Ganz nett, das Original gefällt mir aber besser“ fällt. Gleiches gilt für den „Tax-5 Remix“ von „20.000 Meilen unter dem Meer“, aber das ist eine individuelle Sache, da ich generell kein Freund von Remixen bin. Und für eine EP, auf der manch andere Bands denselben Song in zig Remix-Versionen geklatscht hätten, ist es erfrischend, dass hier effektiv nur ein einziger Song in zwei Versionen enthalten ist.

Gaudeamus Igitur“ ist also fast ein vollwertiges Album. Jeder Welle: Erdball-Fan dürfte seine helle Freude daran haben und rein musikalisch und thematisch eignet sich die Scheibe auch dafür, Leuten die Band näherzubringen, die bislang noch nichts von ihnen gehört haben. Alles in allem, eine sehr gelungene Sendung und was bleibt, ist sich darauf zu freuen, was das Thema des nächsten vollwertigen Welle: Erdball-Albums sein wird und wie sie dieses umsetzen. Bis dahin heißt es „Lasst uns alle fröhlich sein!“

Text: Steve Palaser

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Über Steve

Steve Palaser ist Freier Journalist & Übersetzer DE - EN, EN - DE Mehr Info unter dem Button "Unser Team" oder bei Google - da er zumindest deutschlandweit der Einzige mit diesem Namen ist! Ein echtes Unikat!

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